Alle Fakten im nachfolgenden Dialog von Emmy & Walther sind belastbar und per Link (soweit vorhanden und mit ! = besonders empfehlenswert) für weitere Informationen verknüpft.
Ort des Geschehens: Gaststätte „Zur S-Bahn“
Heinrich-Grüber-Straße 1, 12621 Berlin
Fon: (030) 5627003
Die schöne Chefin … und dit mitten im Winter. Marlies, wenn ick dir sehe, wird mir janz warm ums Herz. Aber Frühlingsjefühle wolln einfach nich uffkommen. Jib mir maln Küsschen … vielleicht wird mein Alljemeinbefinden denn besser.
Ohne Bestellung jibs keen Küsschen. Nimmste een Pils?
Aber sicher doch … handjezappt … und mit ville Schaum druff.
Denn jibs oochn Küsschen … aber nur für dir. Mit alle Jäste kann ick dit nämlich nich machen … sonst hab ick bald Hornhaut anne Lippen. So … und nu setz dir hin
Ick grüße euch, ihr beede. Mein Jott, dit Wetter kann man sich nur noch schön saufen … mach mir maln Pils, Marlies … ick will damit jetz nämlich anfangen.
Na, ick gloobe … da müsste ick härtere Sachen uffahrn. Aber ihr beede bleibt ja immer nur bei Pils … maximal nochn Kräuter. So richtig jut könnten wir hier von euern Umsatz jedenfalls nich leben.
Nu halte mal den Ball flach, Marlies. Wir sind ne feste Grüße in eure Kalkulation … ihr könnt mir unsern Umsatz voraus planen bis sonst wohin. Unsere Quelle sprudelt zwar mäßig … aber regelmäßig. Dit is doch schon mal wat in die heutijen Zeiten…
Ja, Emmy, dit stimmt. Ick will ja ooch nich meckern … und den Tisch 1 blockiert ihr beede ja ooch nich stundenlang … da kann ick denn nachher ooch noch andere Leute ransetzen … also … wenn ihr weg seid. So, nu fangt mal an zu quatschen … ick hab zu tun.
Dit machen wir, mein Engelchen. Emmy … ick hab in mein janzen Leben noch nie so oft über die katholische Kirche jesprochen wie zurzeit. Man kommt an dit Thema einfach nich mehr vorbei. Sojar der Thierse hat sich jeäußert … du weest schon, Emmy, dit is eener von die stellvertretenden Bundestagspräsidenten, der is inne SPD, und der hat jetz festjestellt, dass sich die katholische Kirche inne tiefe Krise befindet. Jut, dit hätte ick ihm schon vor drei Wochen sagen können … aber der hat mir eben nich jefragt. Und ick sage immer: Lieber spät als nie.
Mit die Äußerung wern sich die Katholiken, also die hauptberuflichen, sich wieder vonne Rejierungsseite uffn Talar jetreten fühln. Aber in Bad Tölz sind am letzten Sonntag sojar die Jemeindemitglieder mitten im Jottesdienst renitent jeworden. Da jabs im Jottesdienst Tumulte … und denn ham einige ohne Sonntagssegen dit Dach der Kirche fluchtartig verlassen. Und ick gloobe, dass sowat wirklich hilft, dass die von Jott anjeblichen berufenen Jeistlichen endlich mal merken, wat die Kirchenglocke jeschlagen hat. Protest von unten … der hat vor jut 20 Jahren schon mal eenen Systemwechsel jeschafft … warum sollte dit nich noch mal klappen … zunächst inne Kirche … und denn wern wir sehn, wie dit noch weiterjehn könnte.
Ick muss mal kurz störn … eure Jetränke sind fertig. Lasst dit euch schmecken, meine Lieben … Prösterchen.
Uff die schönen Frauen inne S-Bahn. Ick komme von die Kirche noch nich weg. Der Papst schweigt … dem fehlen wahrscheinlich die Worte, wat aber nich heißen muss, dasser sprachlos is. Der sucht noch nach Formulierungen, wie er seine Kirche aus die Krise rausführn kann … ohne selbst Schaden zu nehmen und trotzdem an seine mittelalterlichen Dogmen festzuhalten. Ick bin mal jespannt, wie der aus dem Dilemma rauskommt.
Ick hab mir mal son kleenen Einblick in die völlig überholten Rituale im Regensburger Dom und bei die weltberühmten Domspatzen verschafft. Da biste einfach nur fassungslos, wennde sowat liest.
Lass jut sein für heute mit die Katholiken. Ick fürchte, wir reden morjen schon wieder über die. Die deutschen Rüstungsexporte ham sich in die letzten fünf Jahre verdoppelt. Sagen wir dit mal so: Die Tatsache an sich is jut für die deutsche Rüstungsindustrie … aber schlecht für die Welt … finde ick.
Stimmt. Die wichtigsten Handelspartner für deutsches Militärspielzeug sind ausjerechnet die Türkei, Griechenland und Südafrika. Ick verstehe wirklich nich, warum wir die Welt uffrüsten müssen mit schweineteure Militärtechnik … mit Kampfflugzeuje, Panzer und U-Boote. Und ick frage mir, vor wem die Türken, die Griechen und die Südafrikaner so ville Angst haben, dasse so schwere Jeschütze zu Wasser, zu Lande und inne Luft brauchen?
Jut … in Südafrika findet bald die Fußballweltmeisterschaft statt … da is mit Fan-Randale zu rechnen … Griechenland will vielleicht die Weltbank überfalln … und die Türkei rüsten uff, damit se inne EU einmarschieren können, falls se nich uffjenommen werden. Du siehst also, Gründe für Waffenjänge lassen sich immer konstruieren.
Die Telekom will übrijens ebenfalls uffrüsten … mit Amazonen … also mit schlagkräftije Weiber. Die wolln bis 2015 ihre oberste Chefetage mit 30 Prozent Frauen besetzen … hat Telekom-Chef Renè Obermann verkündet.
Dit finde ick völlig in Ordnung. Noch besser wäre dit, wenn man sone Vorstände nich nach Quoten besetzen müsste … sondern nach Fähigkeit und Sachkenntnis … und zwar jeschlechtsneutral.
Davon sind wir inne Jesellschaft aber noch ne Ecke weit weg. Da wern wohl noch janze Jenerationen wegsterben, bis dit mal so weit is, dass soziale Herkunft und Jeschlecht keene Rolle mehr spieln bei die Besetzung von Ämtern und Posten. Dit sind ja denn schon fast sozialistische Zustände, wenn dit endlich soweit is.
Dit Stichwort war perfekt. Stell dir mal vor, Emmy, eene große Mehrheit der Deutschen kann sich vorstelln, nich mehr inne Demokratie zu leben … sondern im Sozialismus. Laut Emnid-Umfrage ham dit 72 Prozent der Westdeutschen und 80 Prozent der Ostdeutschen bei ne Umfrage jeäußert. Ick kann mir dit zwar nich so richtig vorstelln, dass dit wirklich so is … aber ick bestelle jetz erst mal noch wat zu trinken. Marlies … mach uns doch bitte noch zwee Pils.
Is keen Problem … dit jeht sofort los. Quatscht mal nochn bisschen … ick bin gleich bei euch.
Nich hetzen, Marlies … wir sind thematisch grade im Sozialismus anjekommen…
Denn kann ick mir ja nochn bisschen Zeit lassen … aber die Preise bleiben, wie se sind.
Einverstanden. Walther, die Leute meinen aber nich den Sozialismus mit Honecker und Mielke anne Spitze … hoffe ick.
Nee, uff keenen Fall. Aber die Menschen im Lande ham scheinbar jenug von dit janze parteipolitische Jezänk … von kriminelle Bankenjeschäfte und Abzocke, von Boni und Managerjehabe. Dit Volk sehnt sich nach neue Strukturen … wo dit irjendwie anders zujeht … jesitteter … fairer eben. Besser. Jerechter. Lebenswerter. Menschlicher.
Du wirst lachen … dit wünsche ick mir ooch alles. Aber … ob wir dit noch erleben? Und ick sage dir janz ehrlich, den Gysi, Lafontaine und Sarah Wagenknecht kann ick mir als Staatsoberhäupter nich so richtig vorstelln. Die will ick eijentlich nich anne Spitze.
Momentchen … ick muss noch mal kurz störn … hier is die zweete Runde für Euch. Sehr zum Wohle, meine Lieben.
Prost … uff die schönen S-Bahnerinnen noch mal. Emmy, die Umfrage sagt nüscht aus über irjendwelche Parteikonstellationen. Son jesamtjesellschaftlicher Umbruch wäre nur möglich, wenn da alle demokratischen Parteien an een Strick ziehen. Deshalb is die Idee sowieso illusorisch … also reine Theorie. Aber immerhin … dit Volk denkt eben über ne wünschenswerte Zukunft nach.
Die SPD scheint uff den Kurs schon einzuschwenken. Die Parteiführung vonne Sozis rückt von Hartz IV ab … sozusagen vom Hartzstück der Agenda 2010.
Ja, aber dit machen se nich, weil se davon überzeugt sind sondern eher der Meinung, dasse damit bei die Wähler in NRW punkten können. Die Parteien kiecken doch wie hypnotisiert uff den Wahltermin … und die versprechen wieder alle dit Blaue vom Himmel, damit se möglichst ville Stimmen für populäre und beim Wähler beliebte Themen und Aussagen kriejen.
Und nach die Wahlen is denn wieder vor die Wahlen … und alles bleibt, wie es ist. Oder nich?
Du sagst dit. Und ick finde, wir sollten langsam Feierabend machen für heute. Marlies, mach doch bitte meine Rechnung fertig
Denn kannste mein Zettel gleich mitbringen. Anne Will vom letzten Sonntag is noch nich inne Mediathek uffjetaucht … aber dafür hab ick wat anderes jefunden. Uff PHOENIX ham vorn paar Tage der Jörges vom Stern und der Ulrich Wickert die Frage diskutiert: Sind einzelne Politiker oder janze Parteien käuflich? Die Antwort jibs hier.
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